Ein
Tierheim.
Eine
Pforte.
Ein
Flur.
Zeus.
ZEUS.
Ich
glaube, ich habe nicht Hallo gesagt, irgendwem die Blumen für
Jessica in die Hand gedrückt, und schon auf den Knien gelegen, das
Herz weih wund.
Mit
anderen Worten bar aller Kinderstuben und entsetzlich unhöflich.
Zeus.
Das Ebenbild meiner Cora. Genau wie damals. Mager, vermackt,
grausamst verstümmelt mit einer Gartenschere.
Ich
rette mich auf einen Stuhl. Irgendwer ist so unglaublich nett mir
einen Becher Kaffee in die Hand zu drücken.
Verwundert
spüre ich die Nässe in meinem Gesicht. Wasserfestes Mascara, pah.
2
Stunden zuvor gekochte Leber, (Achtung Steph: ich habe extra für
diesen Anlass eine Fast-wie-Tupper-Dose gekauft) wechselt den
Besitzer. Ganz sacht nimmt er mir die Leckerei aus der Hand.
In
meinem Kopf dröhnen Grisus Worte aus einem ihrer letzten Posts:
Gassi
gehen mit Fume is net das gleiche. Grisu ging pieseln und kackern und
dann isse ned weiter weg als 10 Meter und hat gewartet bis ich nen
Ball hol oder is Fuß gelaufen, da musste ich immer so lachen und hab
ein bisserl was mit ihr gemacht..dann war sie 1 Minute zufrieden und
kam dann wieder daher..Sie hat mich so angestrahlt wenn sie Fuß
laufen durfte..Oder wenn die Autotür auf war und sie sich das
Beißkissen geschnappt hat und mich damit angestrahlt hat..da gab's
so viel was sie gemacht hat was mir so sehr fehlt beim Gassi..
Grisu,
die gerade ihren Seelendoben verloren hat und die dennoch das Glück
hat, dass noch ein Dobi ihr Leben bereichert.
Genau
in der Sekunde hab ich es erst kapiert, im Flur, als meine Hand das
erste Mal sein stumpfes Fell gestreichelt hat.
Was
ich all die Jahre vermisst habe. Ihn da. Zeus. Cora.
Oh.
Es gibt natürlich einen fundamentalen Unterschied. Cora war so
misshandelt, dass sie Jahre gebraucht hat, um all das zu vergessen.
Zeus, obschon Jahre an der Kette, kommt irgendwie an ihrer Stelle
zurück. Er ist einfach da. Bääääähm. Aber ich greife vor.
Jessica,
Leiterin der Hundehilfe Deutschland e.V., erklärt
Blutuntersuchungen, Herzuntersuchungen und ich sitze immerhin noch
auf meinem Stuhl. Auf die Decke da will ich eigentlich, ihn in den
Arm nehmen, sein Körper sucht ihre Wärme.
Sie
ist sein Engel, sie hat ihn aufgenommen, gepflegt, versorgt, gehegt
und geliebt.
Geliebt.
Recht
ungewöhnlich für eine Tierheimleiterin.
Recht
ungewöhnlich auch der ganze Rest. 1 Mitarbeiter kümmert sich am Tag
um 2 Hunde.
(!!!!!!!!!!!!
Bestimmt war der eine oder andere schon mal in einem TH)
In
der Regel auffällig gewordene Listenhunde.
Auf
meiner Runde mit ihr durchs Tierheim ist nur auffällig, wie
unauffällig alles ist.
Kein
Gestank, kein hysterisches Gebelle. Freudige, freundliche
Hundeschnauzen. Wenn auch nie ein TH ein Zuhause ersetzen kann, hier
spürt man die Wärme. An den Hunden, an den Menschen, an Jessica und
an Zeus.
Jessica,
tausend Mal danke für das, was Du da leistest.
Die
Verträge sind unterschrieben.
Zeus
an meiner Leine steigt ohne mit der Wimper zu zucken in mein Auto,
das drapiert mit Decke, Kopfkissen und Coras „zur Feier des Tages
geliehenem Hein-Blöd-Kuscheltier“ entsprechend dobengerecht
vorbereitet wurde, dreht sich im Kreis und verschläft den Rest.
Daheim.
In
Empfang genommen wird er von Dracu, die sich gebärdet wie eine
Rottweiler Klobürste. (Wo hat diese kleine Maus nur den Mumm her?)
Conny
lässt sich auch nicht lumpen, erkennt aber in Sekunden ihren Irrtum
und dreht ab, was Zeus sichtlich irritiert. „ Heeeeee, Baben,
kussen“, sagt Zeus, in maulwurfen Geheimsprache.
Wir
begrüßen die Pferde, den Hof, das Herrchen, das Heim, Essen für
alle hinter einzeln geschlossenen Türen, das Nachtlager bereitet an
meiner Seite des Bettes. Tür zu und dann schnarcht Zeus wie ein Bär
und pupst wie ein Puma durch die Nacht.
Jetzt
sind wir 62 Stunden weiter. Zeus und die Mädchen, incl. (beinahe)
Mimi, benehmen sich wie alte Freunde. Allen voran Dracu. Sie ist eine
kleine, wunderbare Hexe.
Zeus
kann alles, lernt alles, weiß alles.
Und
weil das Leben ja sonst langweilig wäre, traue ich mich ins Dorf zum
Einkaufen. Zu Fuß mit Hund bei Fuß. VORBILDLICH.
Das
kann doch alles gar nicht sein. Der lag an der Kette. Der kennt keine
Wohnung. Der muss doch ne Macke haben.
Wieder
dröhnen Grisus Worte in meinem Kopf. Ja, heute Abend war das so. Da
hat mich Cora begleitet. Auf mich gewartet am Supermarkt.
Cora
hat ihn abgefangen an der Regenbrücke (und an der hat er gestanden,
wenn er nicht von Tierschützern frei gekauft worden wäre) und ihn
mir geschickt mit den Worten: „Ich glaub, jetzt kann sie es
ertragen, einen meines Kalibers und Du Zeus hast es verdient. Geh und
sag ihr, dass ich sie liebe und sag ihr auch, dass Nanny und Conny
auch von mir sind, weil sie nicht alleine sein sollte. Nur für
Dracu, Monster und Mimmi kann ich nix. Die haben das ganz alleine
geschafft“.
Ich
bin eine sentimentale, alte Schrulle und ich weiß, ich habe Recht.
Also
bitte Grisu, spiel nicht so lange im Regenbogenland und denk ans
Frauchen.
PS
Nanny und Conny. Damit hier nie Zweifel aufkommen. Ich liebe Euch.
PPS:
Wir dachten kurz darüber nach seinen Namen zu ändern, da er ihn ja
eh noch nicht lange kennt.
Kurzes
Brainstorming am Küchentisch.
Herrchen:
Wettergott.
Ich:
der oberste griechische Gott.
Wikipedea:
Zeus
ist der oberste
olympische Gott der
griechischen Mythologie und mächtiger als alle anderen griechischen
Götter zusammen. Über ihm stand nur das personifizierte Schicksal –
nur ihm hatte er sich zu fügen.
Zeus
ist ein Sohn des Kronos und der Rhea. Kronos soll alle seine Kinder
gleich nach der Geburt verschlungen haben, da er fürchtete, diese
könnten ihn entmachten, so wie er selbst seinen Vater entmachtet
hatte.
Als
Zeus geboren werden sollte, beschließt seine Mutter ihn im
Verborgenen auf die Welt zu bringen. Sie geht dazu in eine Höhle und
überlässt ihn der Obhut anderer.
Dem
Vater gibt sie anstatt Zeus einen in eine Windel gewickelten Stein,
den er verschlingt.
Zeus
entwickelt sich prächtig und bringt mit einer List und Drogen den
Vater dazu, zuerst den Stein und dann alle seine verschluckten Kinder
wieder auszuwürgen.
In
dem Sinne Zeus: mach mal. Mögen deine Vorbesitzer Steine kotzen
müssen.
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